Samstag, 29. Dezember 2012

Vampirismus - damals und heute

Heyho, meine Lieben,

heute beschäftigen wir uns mit einem Thema, das viele sicherlich als unsachlich und weit hergeholt bezeichnen würden. Ist es an sich auch. Wie der Titel schon sagt, es geht um die lieben Stiftzähnchen. Denn so kann man sie inzwischen getrost nennen - was Twilight nicht vernichtet hat, wurde von House of Night in Stücke gehackt. So weit, so gut, aber vielleicht sollte ich noch etwas weiter ausholen. Dieser Post hier wurde durch ein Interview mit dem Vampirologen Friedhelm Schneidewind angeregt. Das ganze Interview ist hier nachzulesen. Wir brauchen und nur mit einem Abschnitt zu beschäftigen, und zwar mit diesem hier.

Die wenigsten Vampire reagieren noch auf die klassischen Abwehrmethoden wie Kreuze, Knoblauch oder Tageslicht. Stattdessen sind sie im Alltag angekommen, sie wandeln unter uns und wollen akzeptiert werden (z.B. in der Serie "True Blood"), trinken Tierblut oder künstliches Blut. Kurz: Sie wurden gezähmt. Kann man von einer Domestizierung der Vampire sprechen?

SCHNEIDEWIND: Vampire spielen immer mehr eine Rolle des Alltäglichen. Sie sind nicht mehr mythisch, nicht mehr außergewöhnlich. Die Wesen kommen immer mehr bei uns an, sie stehen in unseren Türen, uns gegenüber. In Horrorgeschichten ist der Schrecken aber immer ein Mythischer. Das eigentlich Gefährliche ist ja immer das Übernatürliche. In Stephenie Meyers Romanen wird hingegen alles erklärt. Das macht die Vampire ein Stück harmloser. In dieser Hinsicht kann man tatsächlich von einer Domestizierung sprechen. Letzen Endes verkörpern sie sogar das Gute und werden zu Helden.

So weit, so gut. Und jetzt nehmen wir das ganze systemathisch auseinander. Na, freut ihr euch schon?
In einem Punkt muss ich dem Vampirologen (ich wusste bis eben nicht einmal, dass es sowas gibt – ganz schön schräg) recht geben: Es ist das Mysthische, was Vampire so faszinierend macht. Bis vor wenigen Jahren hat man damit noch den gnadenlosen Jäger assoziiert, der nachts durch die dunklen Gassen einer Stadt schleicht, um über sein ahnungsloses Opfer herzufallen und es bis auf den letzten Blutstropfen auszusaugen.
Und dann kam Glitzer-Edward, der wohl irgendwann mal einen Bastelladen überfallen und sämtliche Strasssteine geklaut hat, und seine Clique. Und das Image war im Eimer. Ich fasse einmal kurz zusammen, was über die Knuddel-Cullens bekannt ist:

-Sie glitzern in der Sonne
-Sie haben goldene Augen (auch wenn ich Atheist bin... Himmel, hilf!)
-Sie trinken Tierblut
-Sie versuchen, sich in die menschliche Gesellschaft einzugliedern
-Sie sind quasi unkaputtbar
-Sie sind eine große, glückliche Familie und haben sich alle lieb
-Sie wollen niemandem was böses (pazifistische Vampire? Hat jemand meine Schüssel gesehen?)

Zu den Vampiren im Allgemeinen kann man hier ergänzen, dass sie rote Augen haben und sich weitgehend von den Menschen fernhalten. Nur die Cullens tanzen aus der Reihe.

Fairerweise muss ich einräumen, dass ich die Bücher ebenfalls gelesen habe und damals ziemlich toll fand. Ich war zwölf. Und – Gott sei Dank – war mein Lieblingscharakter nicht etwa die ach so tollpatschige und ungeschickte Bella, die sich hinterher in eine Glitzer!Vampir!Sue verwandelt, sondern Jane. Dafür muss ich mich echt bei meinem jüngeren Ich bedanken, denn Jane ist tatsächlich cool und bis zu einem gewissen Grad mag ich sie immer noch sehr gerne. Wenn sie nicht glitzern würde, wäre sie vielleicht immer noch einer meiner absoluten Favoriten im Allgemeinen. Warum?
Weil Jane noch ein halbwegs vernünftiger Vampir ist. Zu dem „halbwegs“ kommen wir gleich. Sie hat rote Augen, trinkt Menschenblut und ist einfach nur ein sadistisches Miststück. Das entspricht schon eher einem ordentlichen Vampir. Dass sie und ihre Kollegen – jetzt sind wir beim „halbwegs“ - im Untergrund leben und ihre Beute mit der albernen Touristennummer in eine Falle locken, anstatt jagen zu gehen und ihrer Macht als Vampire gerecht zu werden, finde ich allerdings schon etwas lächerlich. So, mit Twilight wären wir erst einmal fertig.

Kommen wir zu House of Night. Auch hier erst einmal eine Zusammenfassung. Was wissen wir über die HoN-Vampire?

-Sie trinken Menschenblut
-Wenn sie dies tun, werden Endorphine ausgelöst, die dem betreffenden Menschen Lust bereiten (und schon ist mir schlecht)
-Sie töten nicht
-Den Menschen ist allgemein bekannt, dass sie existieren (WTF, Casts?!)
-Sie besuchen alle schön artig das Vampirinternat
-Sie glauben an die Göttin Nyx (was ich schon als persönliche Beleidigung empfinde. Ein gläubiger Vampir ist meiner Meinung nach ein Widerspruch in sich. Aber dazu kommen wir später)
-Sie haben superspeschiölige Fähigkeiten
-Sie setzen sich aus Nutten und ihren Anhängseln zusammen und nennen sich dann eine matriarchalische Gesellschaft (das ist ernsthaft schlimm. Mein Brechreiz kehrt zurück)
-Sie kriegen im Sonnenlicht Kopfschmerzen (…)
-Sie haben einen obertollen Vampirrat
-Sie schreiben sich „Vampyr“ (ernsthaft? ERNSTHAFT?!)

Und da hört bei mir echt alles auf. Zum Vergleich hier noch einmal das gängige Vampirbild, oder zumindest das, was ich im Kopf habe und das früher mal als gängig bezeichnet wurde.

-Sie sind von der Gesellschaft isoliert (und das hat einen verdammten Grund)
-Sie trinken Menschenblut und haben keine Hemmungen, ihre Opfer zu töten
-Sie glauben weder an Gott, noch an Nyx, noch an sonst irgendwas, weil sie Monster sind. Monster.
-Sie sind Jäger, keine Witzfiguren, die mit irgendwelchen Tricks arbeiten müssen, um an ihr Abendessen zu kommen
-Sie sind den Menschen in jeder Hinsicht überlegen
-Sie sind sterblich und verbrennen im Sonnenlicht. Keine Diskussion.
-Es gibt keine Hierarchie. Der Stärkste überlebt
-Sie sind Einzelgänger
-Sie nehmen sich was sie wollen, ohne Rücksicht auf Verluste

Das sind in meinen Augen Vampire. Klingt erstmal ziemlich brutal, aber darum ging es bei Vampiren ja immer. Das ist das, was sie immer so anziehend und faszinierend für die Menschen gemacht hat. Und dann kamen Stephenie und die Casts und haben das durch den Dreck gezogen. Ich möchte damit nicht die Autorinnen angreifen, keineswegs. Stephenie Meyer hat einen exzellenten Schreibstil, ich habe „Seelen“ von ihr verschlungen und fand es wirklich toll. Und die Casts... Na ja, ich finde es teils etwas fragwürdig, was sie schreiben – beziehungsweise, wie sie es schreiben. Das ist teils schon ziemlich heftig, jemandem, der etwas Anspruchsvolles sucht, würde ich es dann doch nicht empfehlen, aber so für zwischendurch ist es ganz nett. Aber was sie aus den Vampiren gemacht haben, finde ich schauderhaft. Um das Grundproblem nochmal in zwei Worten zusammenzufassen:
Sie glitzern.

1 Kommentar:

  1. Good job. Ich frage mich auch was in der heutigen Zeit vorgefallen sein muss das Vampire in ein solches Bild hineingerutscht sind. Auch wenn die Bücher (Bram Stokers Dracula) damals besser waren als die heute, so haben die Filme doch eines gemeinsam: sie sind unfreiwillig lustig (https://www.youtube.com/watch?v=rcyzubFvBsA Nosferatur aus dem Jahre 1922, still a better story than twilight)

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