Freitag, 18. Oktober 2013

Die Drachenschenke III

So, nun lernt ihr auch endlich Elisabeth kennen - ich konnte es mir einfach nicht verkneifen. Reizendes Mädchen, wirklich.

"Elisabeth! Was in drei Teufels Namen tust du hier?", entfuhr es Johanna, als sie sich vom Anblick des Mädchens erholt hatte. "Das Übliche. Zugucken, wie du meinem Bruder dämliche Spitznamen verpasst, mich über ihn lustig machen und dich im Auge behalten", zählte sie ruhig auf, während ein Muvri ein Glas vor ihr abstellte. "Eh? Wieso wollt ihr mich eigentlich alle im Auge behalten? Ich bin die Autorin, ich sollte euch im Auge behalten!" Johanna fand die Sache nicht ganz so lustig.

"Reg dich nicht künstlich auf, du weißt genau, weshalb wir hier sind. Du kriegst deinen Plot nicht vernünftig auf die Reihe, du hast keine Ahnung, wie du uns schreiben sollst und wir wissen jetzt schon, wer am Ende sterben soll. Und da denkst du, wir lassen dich unbeaufsichtigt rumlaufen?" "Jetzt ist aber mal gut, Lizzy, ich weiß, was ich tu! Und das Problem, das ich mit dem Plot hatte, habe ich auch schon gelöst!" Johanna sah Elisabeth zornig an, aber auch die wirkte nicht sonderlich begeistert.

"Lizzy?", wiederholte sie, ihre Augen schienen förmlich Funken zu sprühen. Die Autorin räusperte sich, Jack warf ihr einen ungläubigen Blick zu. "Du hast es ihr also noch nicht gesagt", stellte er fest und trank ein paar Schlucke aus seinem - mittlerweile schon zweiten - Glas. "Äh... Nö", nuschelte Johanna, die Elisabeth mittlerweile sehr besorgt musterte.

"Äh, Jacky, was passiert eigentlich mit den Charakteren, wenn die Autorin stirbt, obwohl die Geschichte noch nicht geschrieben ist?", setzte sie nervös nach. Jack wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als ihn eine Schimpftirade seiner Schwester unterbrach. "Jetzt hör mir mal gut zu, Fräulein 'Ich-bin-die-allmächtige-Autorin', denn ich werde das hier nur einmal sagen. Wenn du weniger Zeit damit verbringen würdest, dir dämliche Spitznamen für uns auszudenken und statt dessen mal die Güte hättest, dich auf deine Vorbereitungen zu konzentrieren, könntest du endlich damit aufhören, die ganze Zeit jeden vollzujammern, weil du deine Geschichte nicht auf die Reihe bekommst! Ich fasse es nicht!", fauchte Elisabeth.

"Out of Character", stammelte Johanna, die es immer noch nicht wagte, Lizzy aus den Augen zu lassen. "Bitte was?", fragte diese nun. "D-du bist völlig OOC!" "Unmöglich, da du es immer noch nicht geschafft hast, dir überhaupt zu überlegen, wie ich denn nun sein soll", entgegnete Elisabeth gehässig. Johanna hätte schwören können, dass deren feuerrote Haare viel zerzauster aussahen, als vor ihrem Wutanfall, aber sie erwähnte es vorsichtshalber nicht.

Jack, der sich das Schauspiel bisher mit einer Mischung aus Amüsement und Verständnis angesehen hatte, meldete sich nun auch zu Wort. "Als sie mich Jacky genannt hat, hat dich das mit den Spitznamen aber noch nicht gestört. Ist was persönliches, hm?" Seine kleine Schwester schnaubte nur verächtlich. "Was denkst du denn? Ich bin nicht gerade begeistert von der ach so überraschenden Wendung, die ihre Geschichte nehmen soll", grummelte sie.

Endlich griff auch sie nach ihrem Glas und trank ein paar große Schlucke. Besonders oft regte sie sich zwar nicht auf, aber wenn, dann richtig. Johanna nahm sich möglichst unauffällig eine Salzstange, sie war heilfroh, dass Elisabeths Aufmerksamkeit nun nicht mehr ihr galt. Als sie sich den Charakter ausgedacht hatte, hielt sie das Ganze noch für eine gute Idee - wie es nun wirklich war, würde sich wohl noch zeigen. Aber eigentlich mochte sie Lizzy ja, wenn die sie nicht gerade anschrie.

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